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Jüdisches Kulturmuseum Veitshöchheim

Schauplatz Dorf

die synagoge

 

Am nördlichen Ortsrand von Veitshöchheim, nicht weit entfernt vom Main, ließ der Jude Schmuhl um 1730 eine Synagoge bauen. Die jüdische Gemeinde besaß damit nun ein repräsentatives Gebäude, in dem sie sich zum Gebet treffen konnte. Die äußere Bauform des etwa 11 m x 11 m großen Gebäudes entspricht mit der Dachform der im 18. Jahrhundert üblichen dörflichen Wohnhausarchitektur. Der Zugang erfolgte zur Zeit der Nutzung über die Mühlgasse. Drei Stufen führten nach unten in den Betsaal. Im Gebäude befinden sich neben dem Betsaal noch die Wohnung des Vorsängers und eine Mikwe.


Zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde die ursprüngliche Ausgestaltung des Kultraumes verändert. Das um die Lesekanzel angeordnete Einzelgestühl wurde entfernt, und nach Osten orientierte Bänke eingebaut. Die ursprüngliche Bemalung der Wände und der Decke, die goldene Sterne auf blauem Grund zeigte, wurde durch eine Jugendstilbemalung ersetzt. Die baulichen Veränderungen des Innenraums lassen auf eine umfangreiche Renovierung und Umgestaltung der Synagoge um 1900 schließen. Möglicherweise stammt die Frauenempore, die als Galerie an der Westseite eingerichtet ist, ebenfalls aus dieser Zeit wie auch die Buntglasfenster an Ost- und Südseite der Synagoge.


Im August 1938 wurde dann die Übernahme der Synagoge durch die politische Gemeinde von Veitshöchheim in die Wege geleitet. Für den errechneten Abbruchwert des Gebäudes in Höhe von etwa 200 Reichsmark sollte die nur noch wenige Mitglieder zählende jüdische Gemeinde die Synagoge verkaufen. Es blieb den Veitshöchheimer Juden auch keine Wahl, und so wechselte die Synagoge den Besitzer. Dieser Verkauf wurde am 12. November 1938 notariell beurkundet. In der Pogromnacht vom 9. November 1938 war die Synagoge bereits nicht mehr in jüdischem Besitz und wurde deshalb, und auch weil seit 1926 eine nichtjüdische Familie in der Vorsingerwohnung wohnte, in der betreffenden Nacht von Polizisten bewacht und nicht zerstört. Auch fürchtete man, dass im Falles eines Synagogenbrandes die Nachbarhäuser Schaden nehmen könnten. Tatsächlich plante die Gemeinde Veitshöchheim jedoch, die Synagoge zukünftig als Feuerwehrhaus zu nutzen und achtete auch deshalb darauf, dass diese nicht zerstört wurde.


Zu Beginn der achtziger Jahre faßte die Gemeinde den Entschluß, das mittlerweile leerstehende Haus in ein Galerie- und Ausstellungsgebäude umzugestalten. Eine Tafel an der Fassade sollte auf die frühere Funktion als Synagoge hinweisen. Bei Beginn der Bauarbeiten 1986 entdeckte man im Füllmaterial des Fußbodens Reste der alten Ausstattung. Diese wurden verwendet, um nach alten Abbildungen aus dem Jahr 1926 die ursprüngliche Einrichtung des Betsaal wiederherzustellen. Die Arbeiten dauerten bis zum März 1994, als die Synagoge neu eingeweiht und für kultfähig erklärt wurde. Eine regelmäßige Nutzung findet nicht statt. Die Synagoge ist ein Museum.


Vorbau und Eingang: neu aufgebaut, Handwaschbecken zur Reinigung der Hände vor dem Besuch des Gottesdienstes
Mesusa: Metallbehälter am Türpfosten mit inneliegendem Text aus der Tora
Schabbatlampe: Gegenstand des privaten religiösen Zeremoniells, durch Fotos aber an dieser Stelle für die Synagoge bezeugt
Fußboden: unterteilt in schwarz-weiß gefliesten Steinboden und Holzboden, neu nach Fotovorlagen
Gestühl: ursprünglich einzelne Stühle, seit dem 19. Jahrhundert entsprechend dem Zeitgeschmack auf den Toraschrein im Osten ausgerichtet; nach Fotovorlagen neu angefertigt
Beleuchtung: Lichtergesims für Kerzen an der Wand entlang laufend. Hängeleuchter, Wandlampen und Lampen an der Lesekanzel nach alten Fotovorlagen neu angefertigt
Wandmalerei: Jugendstilornamente, ursprüngliche Fassung zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden. Malerei über originalen Resten neu aufgetragen
Fenster: zwei Fenster der Südseite sind Originalfenster, die anderen wurden diesen entsprechend angefertigt
Almemor (Bima, Lesekanzel): Ort, an dem aus der Tora vorgelesen wird; entstanden um 1730 in der Mitte des Raums, achteckiger Grundriß mit Stufenunterbau, Balustrade und bogenförmigen Öffnungen; keine Abdeckung. In Form und Erhaltung einzigartig in Mainfranken
Toraschrein (Aron Hakodesch): Aufbewahrungsort für die Torarollen, entstanden um 1730, Sandstein; Löwen auf Säulen, dazwischen die Gesetzestafeln; der Toravorhang ist neu. In Veitshöchheim werden derzeit KEINE Torarollen im Schrank aufbewahrt.
Ner Tamid (Ewiges Licht): Vor dem Toraschrank hängt ein Ewiges Licht in Erinnerung an die Menora im Tempel von Jerusalem
Gedenktafel: Erinnerungstafel aus Glas für jüdische Teilnehmer und Gefallene des 1. Weltkrieges aus Veitshöchheim
Frauenempore:  für Frauen vorgeschriebene Trennung von den Männern während des Gottesdienstes; neu eingezogen; Zugang über die Vorsängerwohnung