Leichte Sprache

Jüdisches Kulturmuseum Veitshöchheim

Schauplatz Dorf

Nach jüdischen Religionsgesetzen dürfen Schriften (oder Gegenstände), die einen Namen Gottes enthalten, nicht vernichtet, sondern müssen an einem besonderen Ort bestattet werden. Zur Bezeichnung Gottes wird in biblischen Texten das Tetragramm JHWH (Jod ( י ), He ( ,( ה) Waw ( ו ), He ( ה )) verwendet oder andere Bezeichnungen wie Adonai, Schaddai oder Schem. Das Ablagegebot gilt auch für Texte, die in hebräischer Sprache geschrieben sind. Dies ist vor allem die Tora und hebräische Gebetbücher oder andere religiöse Texte.

Funde auf dem Dachboden

Normalerweise werden unbrauchbar gewordene Texte auf einem Friedhof bestattet. Aus praktischen Gründen jedoch brachte man Kisten mit gesammelten Texten, unverpackte Papierbündel oder auch einzelne Objekte auf den Dachboden der Synagoge vor Ort und verstaute alles zwischen dem Dachgebälk. Auf eine Bestattung wurde danach meist verzichtet.

Im Lauf der Jahre fielen Ziegel, Staub, Mörtel und Mäusedreck auf die Gegenstände, hinzu kamen Feuchtigkeit und Witterungseinflüsse. So zerfiel das meist organische Material allmählich. Nach der Vertreibung und Deportation der Juden während des Nationalsozialismus wurden die zerstörten Synagogen abgerissen oder baulich verändert. Oft baute man einen neuen Dachboden über den alten Resten und oder man beseitigte alles, was sich dort befand. Die dort gelagerten Texte und Gegenstände wurden entweder völlig zerstört oder in Resten geborgen.

In den Genisoth wurden in Hebräisch, der Sprache der Religion verfasste Texte gefunden. So etwa gedruckte Gebetbücher für Werk- und Feiertage, Bibeln, liturgische Texte und Rabbinische Literatur oder hebräische Manuskripte mit Segenssprüchen, religionsgesetzlichen Abhandlungen oder Gebeten.  Daneben fand sich eine große Menge in jiddischer Sprache verfasstes Schriftgut. Das Jüdisch-Deutsche oder Jiddische entwickelte sich in verschiedenen Formen unter den in Deutschland lebenden Juden. Grundlage war mittelalterliches Deutsch, das mit hebräischen Begriffen und anderen Sprachen vermischt wurde. So entstanden reich illustrierte Bibeln, Gebetbücher für Frauen, Kommentare und Moralbücher, Sammlungen von Legenden und Märchen oder Handbücher mit Vorschriften für das religiöse Leben. All dies konnten auch die weniger  gebildeten Juden lesen und somit ihre religiösen Pfl ichten erfüllen. In Jiddisch wurden auch nichtreligiöse Stoffe verfasst oder dorthin übersetzt. Dazu zählen Märchen, Sagen, Fabeln oder Lebensbeschreibungen.

Eng mit den religiösen Texten verbunden sind Gegenstände oder Geräte für das religiöse Zeremoniell. Häufig wurden daher Tefillin (Gebetsriemen), Torawimpel, Gebetsmäntel oder Lulavringe gefunden.

Da man sicher gehen wollte, nichts Heiliges übersehen zu haben, deponierte man auch Dinge, die vielleicht gar nichts mit den ursprünglichen Vorschriften zu tun hatten: z. B. Rechnungen, Schuldnerlisten, Inventarlisten, Briefe, Zeitungen, Schulbücher, Wand- und Taschenkalender,  Einkaufszettel oder Lottoscheine. Selbst der Wunsch, einen Text oder einen Gegenstand aus persönlichen Gründen aufheben zu wollen, mag oft dazu geführt haben, dass sich auf den Dachböden der Synagogen immer mehr Material ansammelte.